Im Wesentlichen lassen sich die Gründe für den doch deutlichen Rückgang der Unternehmensinsolvenzen 2013 auf vier Entwicklungen zurückführen, die im Trend schon längere Zeit erkennbar sind. Erstens: das stabil freundliche Konjunkturumfeld. Deutsche Unternehmen als Stütze und Lokomotive Europas profitieren von ihrer Exportstärke im Bereich der Investitions-, aber auch der Konsumgüter, bis hinunter in den KMU-Sektor. Eine robuste Binnennachfrage nützt zudem Handwerk und Dienstleistungsgewerbe.
Zweitens: Die Finanzierungsbedingungen sind weiterhin günstig. Die Refinanzierung, sowohl über Banken als auch über den Kapitalmarkt, gestaltet sich trotz aller Detailfragen und Risikoprüfungen günstiger als noch vor Jahren. Eine Kreditklemme ist nicht erkennbar. Die Kreditzinsen liegen auf einem niedrigen Niveau.
Cash bleibt Trumpf
Drittens etablieren sich zunehmend professionellere betriebswirtschaftliche und finanzwirtschaftliche Strukturen auch in kleinen Unternehmen. Im Mittelstand entwickelt sich ein Liquiditätsmanagement – auch mit Unterstützung externer Dienstleister. Das hilft, Außenstände zu vermeiden oder sie zumindest schneller wieder hereinzuholen.
Viertens verstärkt sich eine positive Entwicklung stets selbst und führt wiederum zu sinkenden Insolvenzzahlen. So treten weniger Zahlungsausfälle auf, und weniger Kundeninsolvenzen sind zu verzeichnen, die beim Lieferanten oder Kreditgeber seinerseits zu finanziellen Schäden oder Schlimmerem führen würden. Die enge Korrelation zwischen der Insolvenzentwicklung (Veränderung der Unternehmensinsolvenzen) und der wirtschaftlichen Lage in Deutschland lässt sich exemplarisch anhand der jährlichen Veränderungsrate des Bruttoinlandsprodukts (BIP) beobachten. So geht mit einer Verbesserung der Konjunktur meist ein Rückgang der Unternehmensinsolvenzen (rote Linie, rechte Diagrammachse) einher. <BR/>
BIP und Pleiten
In der Finanzkrise 2009 rutschte die Wirtschaftsleistung der Bundesrepublik um mehr als fünf Prozent ab. Die Insolvenzzahlen schnellten in diesem Zusammenhang um etwa zehn Prozent nach oben. In den Folgejahren erholte sich die Wirtschaft und das BIP stieg; entsprechend sank die Zahl der Unternehmensinsolvenzen. Im Durchschnitt führt ein Prozent Wirtschaftswachstum zu einer Verringerung der Insolvenzen um etwa drei Prozent. Vor allem für größere und wirtschaftlich aktivere Unternehmen ermöglicht das deutsche Insolvenzrecht seit März 2012 eine Sanierung in Eigenverwaltung ohne Insolvenzverwalter und unter Gläubigerschutz (ESUG – sogenannter Schutzschirm). Ziel des Gesetzgebers war es, vor einem Insolvenzverfahren bereits mehr die Sanierung statt die Abwicklung des Unternehmens in den Fokus zu rücken. Voraussetzungen für den Schutzschirm sind ein Antrag des betreffenden Unternehmens und die Zustimmung der Gläubiger.
Erste Erfahrungen mit ESUG
Die Zahl der Unternehmen, die diese Art der Sanierung nutzen, ist Recherchen nach zuletzt deutlich angestiegen – vor allem bei größeren und gewichtigeren Fällen. Von bis zu zehn Prozent bei Insolvenzen mit mehr als 100 Mitarbeitern ist die “ Rede. Zu denjenigen Unternehmensinsolvenzen, die in jüngster Zeit medienwirksam in Eigenverwaltung ablaufen, zählt beispielsweise der Suhrkamp Verlag.
Hinzu kommen die Insolvenzpläne, die es ermöglichen, sich aus dem Insolvenzantrag heraus zu sanieren. Nur ein Teil der Anträge auf Eigenverwaltung wird aber bestätigt. Nicht selten wird in ein normales Insolvenzverfahren übergeleitet. Überdies kann die Gläubigerversammlung mit Mehrheit jederzeit die Aufhebung der Eigenverwaltung beschließen.
Und der Erfolg? Noch ist es zu früh, um dies abschließend zu bewerten. Letztlich soll das Unternehmen die Zeit unter Gläubigerschutz nutzen, um ein tragfähiges Sanierungskonzept zu erarbeiten und anschließend den Gläubigern zur Zustimmung vorzulegen. Entscheidend ist, dass während der Phase des Gläubigerschutzes nicht wertvolle Zeit verstreicht und die Zahlungsunfähigkeit verschleppt wird. Generell werden das Schutzschirmverfahren und der Insolvenzplan in der Insolvenz meist bei von außen kommenden Insolvenzursachen (so bei Loewe) befürwortet und als erfolgversprechend erachtet. In diesem Falle sind die Gläubiger wohl auch eher bereit, mit der Geschäftsleitung in Eigenverwaltung gemeinsam an der Sanierung des Unternehmens zu arbeiten. Die Stärkung der Gläubigerseite in diesem Zusammenhang war richtig und notwendig.