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Creditreform

Familien sind die Säulen des Wohlstands und des wirtschaftlichen Wachstums. Keine andere Unternehmensform schafft ähnlich viele Arbeitsplätze, bildet mehr Mitarbeiter aus und trägt mehr zum Bruttosozialprodukt bei. Ein wesentlicher Erfolgsfaktor ist das langfristige Denken, welches durch den Familieneinfluss und den Zusammenhalt von Unternehmerfamilien geprägt ist.

Familieneinfluss muss aber keineswegs immer vorteilhaft für Unternehmen sein. Der familiäre Zusammenhang stellt einerseits eine unvergleichliche Ressource dar, was zum Erfolg von Unternehmen beiträgt. Andererseits kann diese Energie sich auch destruktiv auswirken, indem die Eintracht der Familie und in der Folge auch die Leistungsfähigkeit des Unternehmens verloren gehen.

Liquiditätsbelastung beim Generationenwechsel

Im Rahmen von Generationenwechseln in Unternehmen gibt es unterschiedliche Liquiditätsbelastungen: Altersversorgung der Senioren, Abfindung weichender Erben, Erbschaftsteuern – und zunehmend auch Pflichtteilsansprüche.

Mit der Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen sowohl beim erstversterbenden als auch beim letztlebenden Elternteil drohte das Kind einer sehr erfolgreichen Unternehmerfamilie. Dieses Unternehmerkind legte keinen Wert auf Zusammenhalt in der Familie. Durch die Einbindung juristischer Berater vonseiten des Kindes war der Kontakt nachhaltig gestört und die Kommunikation stark juristisch geprägt.

Da in überschaubarer Zeit die Generationennachfolge anstand und das zweite Kind der Eheleute interessiert war, die unternehmerische Führungsverantwortung zu übernehmen, wurden die wirtschaftlichen Konsequenzen sorgfältig geplant. Die Liquiditätsbelastungen beim geplanten Generationenwechsel waren für die Entscheidung des unternehmerisch interessierten Kindes von großer Bedeutung. Beim modifizierten gesetzlichen Güterstand und zwei Kindern liegt der gesetzliche Erbteil je Kind bei einem Viertel. Der gesetzliche Pflichtteil je Kind liegt bei einem Achtel des Vermögens.

Der Wert des Vermögens wurde mit 34 Mio. EUR ermittelt. Somit würden sich für die Kinder Pflichtteilsansprüche von 4.250 TEUR ergeben. Pflichtteilsansprüche sind bare, sofort fällig werdende Ansprüche. Mit Befriedigung dieser Ansprüche gehen die Pflichtteilsansprüche beim Tod des letztlebenden Elternteils nicht unter.

Adoption der Enkelkinder

Viele Überlegungen, den Pflichtteilsanspruch des „Problemkindes“ zu reduzieren, führten letztlich zu der Entscheidung, zwei Kinder des zweiten Kindes zu adoptieren. Eine rechtliche Folge dieser Adoption ist, dass gegenseitige Erb- und Pflichtteilsrechte entstehen. Bei dieser Unternehmerfamilie reduzierte sich durch die Adoption der beiden Enkelkinder, und damit die Erhöhung der Kinderzahl von zwei auf vier, der gesetzliche Pflichtteilsanspruch je Kind auf 1/16 = 2.215 TEUR. Neben einer Reduzierung der Pflichtteilsansprüche um 50 % ergaben sich erhebliche schenkung- bzw. erbschaftsteuerliche Vorteile.

Als weitere Konsequenz der Adoption gingen auch die Unterhaltsrechte und -pflichten auf die Angenommenen über.

Weitere Vorteile nach der Erbschaftsteuerreform 2016

Für Familienunternehmen wird im Rahmen der Erbschaftsteuerreform 2017 ein besonderer Bewertungsabschlag neu eingeführt (§ 13 a Abs. 9 ErbStG). Danach wird für begünstigtes Vermögen vor Anwendung des Verschonungsabschlags ein Abschlag gewährt, wenn gesellschaftsvertragliche oder satzungsmäßige Ausschüttungs- und Entnahmerestriktionen, Verfügungsbeschränkungen (Verfügung nur zugunsten von Mitgesellschaftern, Angehörigen oder Familienstiftungen) und Abfindungsbeschränkungen (Abfindung unter dem gemeinen Wert) bestehen.

Die Höhe des Abschlags entspricht der im Gesellschaftsvertrag oder in der Satzung tatsächlich bestimmten prozentualen Minderung der Abfindung gegenüber dem gemeinen Wert und darf 30 % nicht übersteigen.

Im Vermittlungsausschuss wurde eine Höchstgrenze für zulässige Entnahmen bzw. Ausschüttungen eingefügt. Danach wird der Bewertungsabschlag nur gewährt, wenn laut Gesellschaftsvertrag oder Satzung höchsten 37,5 % des um die auf den Gewinnanteil oder die Ausschüttungen entfallenden Steuern vom Einkommen gekürzten Betrages des steuerrechtlichen Gewinns entnommen oder ausgeschüttet werden dürfen. Entnahmen zur Begleichung dieser anfallenden Steuern bleiben von der Beschränkung der Entnahme oder Ausschüttung unberücksichtigt.

Die genannten gesellschaftsvertraglichen oder satzungsmäßigen Restriktionen müssen kumuliert und zwei Jahre vor dem Zeitpunkt der Übertragung vorliegen sowie über einen Zeitraum von 20 Jahren danach eingehalten werden. Sollten die Bestimmungen nur für einen Teil des begünstigten Vermögens gelten, wird der Abschlag nur auf den Teil des begünstigten Vermögens gewährt. Bei Verstoß gegen diese Beschränkungen innerhalb der Bindungsfrist fällt der Bewertungsabschlag ersatzlos weg.

Gespräche mit Unternehmerfamilien lassen erkennen, dass diese völlig neue steuerliche Regelung für viele Familien Motivation zu neuen Nachfolge-Konzepten ist. Die Adoption ist ein Lösungsansatz, der gerade dann diskutiert wird, wenn es sich bei den Familienunternehmen um Großvermögen (= begünstigtes Vermögen über 26 Mio. EUR) handelt.

Adoption Volljähriger im Rahmen der Nachfolgeplanung

Die für viele Familienunternehmer erkennbaren Vorteile von Adoptionen ist Veranlassung, im Rahmen der Nachfolgeplanung auch die Überlegung mit einzubeziehen, ob Volljährige adoptiert werden können. Tatsächlich besteht die Möglichkeit – auch im Rahmen der Nachfolgeplanung – Volljährige zu adoptieren. Allerdings gibt es im Vergleich zu Minderjährigen einige Unterschiede im Rahmen der Adoption.

Ein Volljähriger kann adoptiert werden, wenn die Adoption sittlich gerechtfertigt ist. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn ein „Eltern-Kind-Verhältnis“ bereits entstanden ist oder das Entstehen eines solchen Verhältnisses zu erwarten ist, weil die entsprechende Absicht beim Antragsteller und dem Kind besteht. Ein tatsächliches Zusammenleben ist dazu nicht erforderlich. Die für die Eltern-Kind-Beziehung sprechenden Gründe müssen der Hauptzweck sein. Nebenzweck, wie die Ersparnis von Erbschaftsteuern oder die Unterhaltsrechte des Annehmenden, sind unschädlich. Sie dürfen jedoch nicht das Hauptmotiv sein.

Die Annahme muss dem Wohl des Kindes dienen. Ob dies der Fall ist, entscheidet das Kind grundsätzlich selbst, da es als Volljähriger voll geschäftsfähig ist.

Im Bereich des Erbrechts hat die Adoption Volljähriger zwischen dem Annehmenden und dem Kind folgende Wirkungen: Das Kind ist gegenüber dem Annehmenden gesetzlicher Erbe der ersten Erbordnung und damit auch pflichtteilsberechtigt.

Werden zukünftig Adoptionen von Enkelkindern oder Erwachsenen bekannt, wird häufig der dafür genannte Grund auch das Erbschaftsteuer-Reformgesetz sein.

Aufzehrung des Nachlasses behinderter Kinder

Die Eltern eines behinderten Kindes, das dauerhaft auf fremde Hilfe angewiesen ist, sind bemüht, das Familienvermögen für alle Erben zu sichern und gleichzeitig das behinderte Kind versorgt zu wissen. Probleme ergeben sich, weil für das behinderte Kind häufig Sozialleistungen in Anspruch genommen werden müssen. In vielen Fällen reichen Pflegegeld, Grundsicherung oder etwaige Rentenansprüche nicht zur Begleichung von Pflege- und Unterbringungskosten aus. Selbst wenn aktuell eine solche Unterbringung und Pflege in einer sozialen Einrichtung noch nicht besteht, fürchten Eltern häufig, dass diese nach ihrem Tod oder bei eigener Gebrechlichkeit künftig unumgänglich sein dürfte.

Da für die Grundsicherung und das Sozialgeld das sogenannte Nachrangprinzip gilt, muss jeder Hilfsbedürftige zunächst sein eigenes Vermögen einsetzen. Erst dann erhält er Sozialleistungen. Aufgrund dessen kann dem Behinderten zugefallenes Vermögen im Rahmen des Erbgangs gleich an den Sozialhilfeträger weitergeleitet werden. Auf diese Weise kann eine ansehnliche Erbschaft schnell aufgezehrt werden, ohne dass sich die Lebensqualität des Behinderten verbessert.

Damit das vermieden wird, haben Eltern in der Vergangenheit ihr behindertes Kind des Öfteren enterbt und sich gegenseitig oder die gesunden Kindern als Erben eingesetzt. Dabei wurde jedoch häufig nicht berücksichtigt, dass auch behinderte Kinder einen Pflichtteilsanspruch haben. Diesen Anspruch kann der Sozialhilfeträger im Falle des Bezugs von Leistungen auf sich überleiten und stellvertretend für den Behinderten geltend machen. Deshalb ist von einer Enterbung des behinderten Kindes abzuraten, damit kein unmittelbarer Zugriff des Sozialhilfeträgers auf den Nachlass möglich ist.

Um die Versorgung des Kindes zu verbessern und das Vermögen für die Familie zu erhalten, haben qualifizierte Juristen das sogenannte „Behindertentestament“ entwickelt. Bei diesem Testament werden vor allem die Instrumente der Vor- und Nacherbschaft sowie der Dauertestamentsvollstreckung genutzt.

Es bietet sich an, dass die Eltern das Kind lediglich als nicht befreiten Vorerben einsetzen. Damit kann die Substanz des Erbes aufgrund der gesetzlichen Beschränkungen für Vorerben nicht für den Unterhalt und die Versorgung des Behinderten aufgezehrt werden. Dem nicht befreiten Vorerben stehen nur die Erträge aus dem Vermögen zu, und nur diese dürfen dann für die Versorgung und die Pflege genutzt werden.

Der behinderte Abkömmling sollte dann sowohl beim Tod des erstversterbenden als auch des zweitversterbenden Elternteils als nicht befreiter Vorerbe eingesetzt werden. Als Nacherben werden – falls vorhanden – meist die gesunden Geschwister des behinderten Kindes eingesetzt. Damit fällt das Vorerbe nach dem Tod dieses Kindes an seine Geschwister.

Die Adoption von Enkelkindern und Erwachsenen im Rahmen der Nachfolgeplanung sind also wichtige Gestaltungselemente – ebenso Behindertentestamente.