„Fragen zum richtigen Umgang mit der UVP lassen sich nicht so einfach pauschal beantworten“, sagt Experte Wätjen auf Anfrage unserer Redaktion. Es gebe aber ein paar Dinge, die Unternehmer im Hinterkopf zu behalten sollten. (mil)
Beachten Sie diese Hinweise:
Relevanz für Kunden
„Zunächst einmal ist die UVP neben beispielsweise Rabatten und Effektivpreisen nur ein Preiselement unter vielen“, so Wätjen. Daher stelle sich immer die Frage, inwiefern dieses eine Preiselement für die Kunden bei ihrer Kaufentscheidung tatsächlich relevant sei: Kennen und bemerken sie die UVP? Wie wichtig ist sie für ihre tatsächliche Entscheidung? „Man darf nicht vergessen: Oft kaufen Menschen Produkte und Dienstleistungen, bei denen ganz andere Aspekte als der konkrete Preis eine Rolle spielen – und manchmal kennen und interessieren sie sich dabei noch nicht einmal für den Preis“, gibt Wätjen zu bedenken. Je komplexer das Angebotsportfolio und je geringer das Entscheidungsinvolvement, desto weniger werde die Entscheidung in der Regel auf der Basis konkreter Produktpreise getroffen, und desto mehr bestimme eine vage Preiserwartung die Entscheidung.
B2B-spezifische Besonderheiten
Das gilt für Endkunden wie etwa im Supermarkt, aber auch bei komplexen Preisstrukturen im B2B-Sektor: Hier sind Rabatte beziehungsweise der Gesamtpreis manchmal deutlich wichtiger für die Kaufentscheidung als die einzelnen Listenpreise. Und wenn Listenpreise relevant sind, dann sind B2B-spezifische Besonderheiten bei der Preissetzung zu beachten: „Krumme“ Preise wirken eher spitz kalkuliert und deshalb fair; die im Consumer-Bereich hingegen typischerweise vor relevante Preisschwellen gelegten, auf 99 Cent endenden Preise wirken aus der Sicht professioneller Einkäufer taktisch festgesetzt und laden damit auch stärker zu Nachverhandlungen ein.
Preisempfehlung als Referenzanker
Spielt der Preis für die Kunden eine wichtige Rolle bei ihrer Entscheidung, so dient die Preisempfehlung als Referenzanker – schließlich kommuniziert sie den (vermeintlichen) Wert des Produkts. Sonderangebote sind nämlich nicht aufgrund ihrer absoluten Preishöhe attraktiv (weil Kunden keine absolute Preisbereitschaft haben), sondern erst die relative Differenz zur UVP begründet ihre Attraktivität.
Gefahr der Preisabwärtsspirale
Allerdings sollten Unternehmen Preisaktionen sparsam dosieren. Denn je häufiger Rabatte eingesetzt und je weniger diese begründet werden, desto weniger glauben die Kunden, dass die UVP den Wert des Produkts widerspiegelt. Ein klassisches Beispiel dafür ist der Möbel- und Heimwerkerhandel, bei dem durch ständige Rabattaktionen nicht nur die UVP ihre Funktion als Wertsignal verloren hat, sondern auch eine Preisabwärtsspirale in Gang gesetzt wurde – mit fatalem Ausgang für „Praktiker“.
Wert des Produktes
Es gilt aber nicht nur die UVP im Blick zu haben, sondern auch den aus Kundensicht wahrgenommenen Wert des Produktes. Denn die UVP kommuniziert den Wert eines Produktes primär aus Anbietersicht. Dieser Wert muss aber nicht mit der Kundensicht übereinstimmen. Somit kann eine eventuelle Differenz zwischen den beiden Aspekten auch die Kaufentscheidung spürbar beeinflussen, beispielsweise bei der Entscheidung für Apples iPhone 5C versus iPhone 5S: Beide Smartphones sind vergleichsweise teuer und der preisliche Unterschied ist relativ gering. Allerdings wirkt das 5S aus Kundensicht deutlich hochwertiger als das 5C. Oder anders ausgedrückt: Beim günstigeren Produkt scheinen UVP und der tatsächliche Wert aus Kundensicht weiter auseinanderzuliegen. Die Folge: Wenn es schon ein nicht gerade preiswertes iPhone sein soll, dann greift man lieber gleich zum teureren 5S, weil man da erheblich mehr für sein Geld bekommt. Dieser Effekt lässt sich umgekehrt aber auch strategisch ganz gezielt zur Portfolio-Optimierung nutzen.
Interessen des Handels
Für Anbieter mit mehrstufigen Vertriebsstrukturen müssen schließlich auch die Interessen des Handels bedacht werden. Hierbei stellt sich zunächst die Frage, welche Freiheitsgrade dieser bei der Preisfestsetzung überhaupt hat. So gibt es etwa bei Buchpreisen und verschreibungspflichtigen Medikamenten keinen oder wenig Spielraum. Bei nicht-verschreibungspflichtigen Medikamenten, den sogenannten OTC-Produkten (over-the-counter) hingegen, hält sich erfahrungsgemäß ein großer Teil der Apotheker an die UVP des Herstellers – ein ungefähr gleich großer Teil aber eben auch nicht. Somit hat die UVP hier nur eine begrenzte Aussagekraft. Deshalb ist bei der Preissetzung von vorneherein zu berücksichtigen, wie der Handel mit damit umgehen kann und wird, um den Preis an der letztlich entscheidenden Zielgruppe, nämlich den Endkunden, zu orientieren.
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