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Mit kleinerer und nachhaltiger Verpackung können Unternehmen Kosten senken und den Wünschen der Verbraucher nach mehr Umweltschutz entgegenkommen. Worauf sie dabei achten sollten.

Noch weniger geht nicht. Bei der Einsparung von Verpackungsmaterial hat sich die NMP Systems GmbH, eine 100-prozentige Tochtergesellschaft der Verpackungsfirma KHS GmbH aus Dortmund, an die Spitze gesetzt. Ergebnis: der Nature Multipack Powered by KHS. Dahinter verbirgt sich ein nahezu verpackungsloses Sixpack. Mehrere PET-Flaschen sind lediglich mit exakt angebrachten Klebepunkten an den Flaschen zu einem Multipack verbunden und lassen sich mit einfachem Drehen wieder voneinander lösen. Ein kleiner Griff sorgt dafür, dass der Kunde die Getränke bequem nach Hause tragen kann. KHS setzt damit auf „kostenorientierte Nachhaltigkeit, durch so gut wie nicht vorhandenes Verpackungsmaterial“, so Prof. Matthias Niemeyer, CEO von KHS. Im Vergleich zu einem Sixpack mit Folienverpackung spart die neue Lösung 85 Prozent Material ein – das war dem Deutschen Verpackungsinstitut DVI in Berlin im vergangenen Jahr sogar eine Auszeichnung wert.

Hohe Recyclingquote

Ob Schachteln, Folien oder Tüten: Verpackungen sind allgegenwärtig und gehören zum Alltag von Verbrauchern und gewerblichen Kunden. Nach Angaben des dvi machen Transportverpackungen rund 30 Prozent der Warenumhüllungen aus. Verkaufsverpackungen, wie sie in Supermärkten angeboten werden, bestehen am häufigsten aus Papier, Pappe oder Karton. Danach folgen die Materialien Kunststoff, Glas und Holz. Insgesamt lag 2012 der Verbrauch an Verpackungsmaterial bei 16,6 Millionen Tonnen. Davon wurden nach Angaben der Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung mbH (GVM) in Mainz rund 16 Millionen Tonnen wieder verwendet – eine Recyclingquote von mehr als 96 Prozent.

Nichts anderes erwarten die deutschen Verbraucher. So ergab zum Beispiel eine kürzlich durchgeführte Internetbefragung von 1.000 Konsumenten im Alter zwischen 16 und 70 Jahren, dass für sie Nachhaltigkeit bei Verpackungen von Lebensmitteln wichtig bei der Kaufentscheidung ist. Jeder zweite Befragte würde im Sinne eines besseren Umweltschutzes sogar zwölf Prozent mehr für das gleiche Produkt zahlen. Eine weitere Umfrage im Auftrag des Naturschutzbunds Deutschland Nabu ergab, dass drei Viertel aller deutschen Kunden umweltfreundliche Getränkeverpackungen für sinnvoll halten.

Nur einige Klebepunkte und der kleine Griff halten das Sixpack zusammen. Materialersparnis: 85 Prozent. © NMP Systems GmbH

Nur einige Klebepunkte und der kleine Griff halten das Sixpack zusammen. Materialersparnis: 85 Prozent. © NMP Systems GmbH

Verpackungen machen etwa 15 Prozent des Warenwerts aus – Grund genug also für jedes Unternehmen, in diesem Bereich genauer auf die Kosten zu schauen. Mit Erfolg: „Die Dicke von PET-Flaschen wurde immer geringer“, erläutert Thomas Reiner, Präsident des DVI. So halbierte sich das Gewicht von PET-Einwegflaschen von ursprünglich bis zu 80 Gramm auf das heute gängige Gewicht von maximal 35 Gramm. Dieser Entwicklung sind allerdings Grenzen gesetzt. „Der wachsende Onlinehandel verlangt stabile Flaschen, die durch den Transport nicht so leicht beschädigt werden dürfen“, sagt Reiner.

Dass weniger oft mehr ist, ist zurzeit auch bei Folienverpackungen zu beobachten. Dort kommen jetzt material- und damit auch kostensparende Folien zum Einsatz. Ein aktuelles Beispiel zeigt die gemeinsame Entwicklung des Anlagenbauers Kuhne und des Verpackungsspezialisten Dupont möglich. Mit der sogenannten Triple-Bubble- Technologie können Folien hergestellt werden, die bei der Herstellung bis zu 50 Prozent weniger Rohstoffe verbrauchen, dennoch extrem reißfest sind und somit beim Transport und während der Lagerung mehr Sicherheit versprechen. Ein schnell wachsender neuer Einsatzbereich ist die Verpackung von Fleischwaren, die im Supermarkt angeboten werden: Die Folien legen sich eng an das Fleisch an, haben keine vorstehenden Ecken und Kanten wie die sonst üblichen Verpackungsschalen, heben die Farbe des Fleisches besser hervor – und halten auch den prüfend drückenden Fingern der Verbraucher stand.

Voll im Trend: Taschen aus Mais

Bei Verpackungen können aber nicht nur der Materialverbrauch gesenkt und die Kosten optimiert werden. Laut DVI-Präsident Thomas Reiner entwickelt sich gerade ein neuer Megatrend: nachhaltige Umhüllungen. In diesem Zusammenhang spielen die bereits erwähnten Bioplastics eine wichtige Rolle, bei denen die verarbeiteten Kunststoffe aus nachwachsenden Materialien wie zum Beispiel Bambus oder Mais gewonnen werden.

So stellt etwa die Firmengruppe Loick aus Dorsten biologisch abbaubare Verpackungen, Beutel und Taschen aus Maisgrieß her. Im vergangenen Jahr brachte der Verpackungskonzern Tetra Pack mit seinem Produkt Tetra Rex den ersten Getränkekarton der Welt auf den Markt, der vollständig aus erneuerbaren Materialien besteht. Tetra Pack verwendet bei der Herstellung der Verpackung und des Verschlusses ausschließlich Karton, also Holzfasern, und pflanzenbasierte Kunststoffe. Noch einen Schritt weiter geht die US-amerikanische Firma Wikifoods aus Cambridge, Massachusetts. Ihr Gründer, Harvard-Professor David Edwards, entwickelte essbare Verpackungen für feste Lebensmittel und sogar für Getränke. Sein Vorbild waren zunächst pflanzliche Zellen, die Wasser transportieren oder speichern. Auf Basis seiner Forschungen entstand schließlich eine natürliche Membran, die sowohl feste Lebensmittel als auch Emulsionen, Schaum oder Flüssigkeiten umhüllt – und die nach Gebrauch essbar ist. Die innovative Hülle umschließt zum Beispiel Joghurt oder Eis wie eine Traubenhaut. Ob solche Entwicklungen jedoch ganz ohne Verpackung auskommen, ist für VDI-Präsident Thomas Reiner mehr als fraglich – schon aus hygienischen Gründen.

Hohe Anforderungen

Verpackungen haben verschiedene Aufgaben. Sie schützen die Ware beim Transport, helfen, sie ansprechend zu präsentieren, fördern damit den Abverkauf und informieren zu guter Letzt mit ihrem Aufdruck den Käufer über Inhaltsstoffe und Verkaufsgröße. Außerdem bieten Verpackungen Schutz vor Produktfälschungen. Vor Ort, also zum Beispiel im Supermarkt, muss die Ware dank der Umhüllung stapelbar sein. Zudem muss die Entnahme einer Dose oder einer Flasche aus einem Gebinde wie dem Sixpack möglich bleiben. Eine weitere wichtige Aufgabe der Verpackung ist der Schutz der Ware vor Umwelteinflüssen, Schädlingen, Verschmutzungen und Beschädigungen. Informationen über aktuelle Verpackungstrends liefern zum Beispiel die Messen Fachpack (29. September bis 1. Oktober 2015 in Nürnberg) und Interpack (Mai 2017 in Düsseldorf) oder der Wettbewerb Deutscher Verpackungspreis.